Am 18. Juni 2021 trat das „Gesetz zur Anpassung nationaler Regelungen an die Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 der Kommission vom 24. Mai 2019 über die Vorschriften und Verfahren für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge“ in Kraft und ändert damit die bestehenden nationalen Gesetzte und Verordnungen für die unbemannte Luftfahrt. Die Anpassung war dringend notwendig, um die deutschen Vorschriften mit dem seit dem 31. Dezember 2020 in Deutschland anzuwendenden europäischen Luftverkehrsrecht für unbemannte Luftfahrzeugsysteme (UAS) in Einklang zu bringen und Widersprüche zu beseitigen.
Das Gesetz ändert
- das Luftverkehrsgesetz (LuftVG),
- die Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO),
- die Luftverkehrs-Zulassung-Ordnung (LuftVZO),
- die Kostenverordnung der Luftfahrtverwaltung (LuftkostV)
- und das Gesetz über das Luftfahrt-Bundesamt (LFBAG).
UAV DACH e.V., Berlin: „Der UAV DACH e.V. begrüßt für zahlreiche UAS-Betreiber, UAS-Fernpiloten und Modellflieger in Deutschland das am 18. Juni 2021 in Kraft gesetzte Gesetz, da wir nun den Übergangszustand mit all den verbundenen Unsicherheiten in der Auslegung und der Anwendung hinter uns lassen. Insbesondere herrschen nun wieder eindeutige Verhältnisse bei der Verwaltungszuständigkeit und es wird deutlich, was im Flugbetrieb zugelassen ist und was nicht.“
PE: Es war zu vernehmen, dass der Referentenentwurf für das Gesetz wenig gelungen war, um es vorsichtig auszudrücken.
AF: „Das stimmt allerdings. Als die Verbände vor sechs Monaten den Entwurf zur Kenntnis und die Gelegenheit zur Stellungnahme bekamen, waren wir vom beabsichtigten Reglungsinhalt schockiert. Betriebsgenehmigungen sollten in je nach Abflugmasse bei unterschiedlichen Behörden eingeholt werden. Skurrile Sachen wären passiert. Bei einem UAS mit Verbrennungsmotor hätte der Tankinhalt die zuständige Genehmigungsbehörde bestimmt: Vollgetankt bei Luftfahrt-Bundesamt und mit halbvollem Tank bei einer der 19 Landesluftfahrtbehörden. Hinzu kamen, je nach Zählweise, bis zu 37 Betriebsverbote. Diese waren als sogenannte geografische UAS-Gebiete getarnt im Änderungsentwurf für die LuftVO enthalten. Beispielsweise konnte ich den Sinn und die Notwendigkeit für ein Flugverbot über Flugplätzen nicht erkennen. Warum soll über Flugplätzen unter Einhaltung der internationalen Spielregeln nicht mit UAS geflogen werden dürfen? Aus meiner Sicht sind Flugplätze gerade dazu da, den Flugbetrieb zu ermöglichen und sicher zu gestalten. Schwerwiegend war auch, dass die „offene Betriebskategorie“ durch diese Verbote dramatisch eingeschnürt worden wäre.“
PE: Nun steht ja in der LuftVO:
„Die Benutzung des Luftraums durch unbemannte Fluggeräte ist frei, soweit sie nicht durch das Luftverkehrsrecht beschränkt wird.“
Wie kam es zu dieser doch positiv klingenden Formulierung?
AF: „Der UAV DACH hat zunächst eine ausführliche Stellungnahme mit Verbesserungsvorschlägen zum Referentenentwurf abgegeben. Das Ministerium hat wenig davon in den Gesetzentwurf eingearbeitet. Insbesondere blieb es bei dieser für uns verheerenden Verbotsstrategie. Der Bundesverkehrsminister Scheuer hatte sogar gemeint man schaffe damit eine besonders gute Verbotskultur. Das war für uns inakzeptabel. Wir haben daher unsere Sorgen im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren beim Bundesrat und beim Deutschen Bundestag vorgetragen. Unserem Vorschlag für eine öffentliche Anhörung von Experten wurde gefolgt. Der Bundesrat und die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag haben den Gesetzentwurf wegen der vielen Verbote abgelehnt und für deutsche Regelungen plädiert, die den sinnvollen Einsatz von UAS ohne Hürden möglich machen. Das war konsequent. Die Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag (CDU/CSU und SPD) haben dankenswerterweise einen massiven Änderungsantrag eingebracht, der dann auch im Bundestag beschlossen wurde und jetzt als Gesetz gekommen ist. Der Deutsche Bundestag hat den Duktus der Gesetzänderungen für die unbemannte Luftfahrt, von einer Ansammlung an Verboten mit komplizierten Ausnahmegenehmigungen, im Charakter grundsätzlich umgedreht. Das spiegelt sich in der oben genannten „Benutzungsfreiheit“ und der Beschreibung des zulässigen UAS-Betriebes wider. Durch die Intervention des UAV DACH mit Unterstützung anderer Verbände konnte sehr viel für den weltweit aufstrebenden Markt der unbemannten Luftfahrt am UAS-Standort Deutschland erreicht werden.“
PE: Für den UAS-Betrieb gibt es jetzt definierte Freiheitsgrade anstatt flächendeckender Verbote. Das sehe ich als richtigen Schritt für die unbemannte Luftfahrt in Deutschland und den UAS-Markt an. Wie sehen die Verbesserungen konkret aus?
AF: Den Flugbetrieb zu gestatten, mit gezielten, gut begründeten und angemessenen Einschränkungen sollte der Maßstab des Gesetzes sein. Das konnte auch erreicht werden. Die Verbesserungen sind:
- Der Betrieb in der „offenen Kategorie“ ohne Betriebsgenehmigung unterliegt in den geografischen UAS-Zonen nicht mehr einem grundsätzlichen Verbot. So wird die Möglichkeit gewahrt, den Betrieb in der niedrigsten Risikoklasse durchzuführen. UAS-Betreiber sollten auch immer als erstes prüfen, ob sie in der offenen Kategorie ihren Auftrag erfüllen können.
- Der komplett neu formulierte §21h LuftVO enthält zwar noch eine große Anzahl von geografischen UAS-Gebieten als Flugbeschränkung, aber in vielen Fällen ist der Überflug in Sicherheitshöhe oder mit Zustimmung des Grundstückseigentümers bzw. Anlagenbetreibers möglich und in den anderen Fällen kann man sich eine „Flugzulassung“ von der Behörde holen.
- Die Zuständigkeiten in der unbemannten Luftfahrt sind nun auch eindeutig geregelt als Aufgaben des Luftfahrt-Bundesamtes oder der Landesluftfahrtbehörden. Mögliche „Doppelzuständigkeiten“ sind beseitigt. Es war ein wichtiges Anliegen für den UAV DACH e.V., das die UAS-Betreiber in allen Fällen dieselbe Behörde als Ansprechpunkt haben.
- Die geänderte LuftVO eröffnet gute Möglichkeiten für den Modellflug bei Beibehaltung der bisherigen Sicherheitsbilanz. Aus meiner Sicht soll Modellflug weiterhin Spaß bereiten und nicht mit einem Berg von einschränkenden Regeln überzogen werden.
- Die Luftfahrtbehörden der Länder stehen in einer großen Verantwortung. Vor der Änderung der LuftVO hatten sie nur die Möglichkeit in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zu genehmigen, während sie jetzt den Betrieb nach pflichtgemäßem Ermessen zulassen dürfen.
- Das Bundesverkehrsministerium hat die Befugnis neue geografische UAS-Gebiet einzurichten, wie z.B. U-space airspace. Es ist aber zugleich in die Pflicht genommen worden, die Betriebsregeln für UAS festzulegen, was besser ist als Verbote ohne Ausweg.“
PE: Der UAV DACH e.V. richtet seinen Blick auf die noch vor uns liegenden Aufgaben, um dieses Gesetz in der täglichen Praxis auch anwendbar und praktikabel zu machen. Die dedizierten geografischen Gebiete müssen gemäß §21j LuftVO nach den Maßgaben der Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 in eine interoperable (europäische) Datenbank einfließen, damit sich UAS-Betreiber wirklich einfach, transparent und sicher über die vor Ort geltenden Flugbeschränkungen informieren können, ohne umfangreiche „Verordnungen“ studieren zu müssen.
Was haben wir sonst noch zu tun?
AF: „Wir werden unsere Mitglieder bei Bedarf in der Kommunikation mit den Luftfahrbehörden unterstützen. Wir wünschen uns, wie schon im Jahr 2017, gemeinsame Grundsätze der Luftfahrtbehörden des Bundes und der Länder für die Erteilung von Betriebsgenehmigungen – das hatte sich sehr gut bewährt und sollte wieder umgesetzt werden. Bei der Erarbeitung und auch sonst steht der UAV DACH mit seiner Expertise gern beratend zur Seite. Dann sind noch einige Begriffe zu den geografischen Gebieten, wie z.B. Anlagen der zentralen Energieerzeugung und Energieverteilung, mit Erklärungen für die Praxis zu versehen. Wichtig ist auch darüber zu entscheiden, ob für UAS-Gebiete, die immer noch mit einem Überflugverbot bis in unendliche Höhe festgelegt sind, Erleichterungen über die Festlegung von maximalen Höhen des betreffenden Luftraumes erreicht werden können. Dann steht die Integration des U-space in die gerade geänderten Luftverkehrsregeln in Deutschland an. Ich begrüße, dass dazu ein Projekt in Hamburg durchgeführt wird. Die Projektleitung sollte aber alle betroffenen Luftraumnutzer einbeziehen und ein praxisgerechtes Ergebnis erzielen. Diskussionen, was nicht geht und wer für was keine Verantwortung haben will, sind in der gegenwärtigen Situation wenig hilfreich. Auch beim U-space soll der sicherheitsmäßig vertretbare Betrieb von UAS möglich werden. Ich sehe U-space immer vor dem Hintergrund der sicheren Integration von UAS in den bestehenden Luftverkehr. Und zum Schluss noch etwas ganz Wichtiges: die in der LuftVO vorgeschriebene Evaluierung in einigen Bereichen ist dringend notwendig. Wir werden darauf achten, dass sie gemacht wird, und stehen zur Mitwirkung natürlich zur Verfügung. Schließlich liegt mir sehr am Herzen, dass wir das Positive, was wir in Deutschland erreichen konnten, auch auf andere Länder, in denen wir Mitglieder haben, übertragen können.“
Der UAV DACH e.V. wünscht allen Stakeholdern der unbemannten Luftfahrt, dass die Änderungen der Regelungen, Bestimmungen und Verfahren in Deutschland kein Startverbot, sondern ein Durchstarten für die unbemannte Luftfahrt bedeuten. Diese Sichtweise herrscht wohl auch bei den Fachleuten der Projektgruppe „unbemannte Luftfahrt“ im BMVI vor. Schließlich findet der Betrieb von UAS in umweltfreundlicher Art und Weise statt und die Anwendungen erfolgen unter Berücksichtigung privater Rechte zum Wohle der Menschen in Wirtschaft, Industrie und Verwaltung.
Der Dank des UAV DACH e.V. geht an alle, die mit der gebotenen Sachlichkeit in die gleiche Richtung gezogen haben. Insbesondere bedanken wir uns bei den Politikern des Deutschen Bundestages, die den Mut zur Abkehr von einer rigiden Verbotsstrategie hin zur unbemannten Luftfahrt in Freiheit und Sicherheit hatten.
Achim Friedl, Vorstandsvorsitzender UAV DACH e.V.
Das Gespräch führte Paul Eschbach (PE), Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im UAV DACH e.V.. Vielen Dank an Achim Friedl (AF), Vorstandsvorsitzender UAV DACH e.V..